Deutschland erlebt einen alarmierenden Anstieg der Gewaltkriminalität

Die Gewalt nimmt zu

In den letzten Jahren ist die Frage nach der zunehmenden Gewaltbereitschaft in Deutschland immer häufiger in den Medien und der öffentlichen Diskussion präsent. Doch was sind die Gründe für diese Entwicklung, und inwiefern bestätigen Daten diese Wahrnehmung? Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass die Gewaltbereitschaft in bestimmten Bereichen tatsächlich zunimmt, während andere Verbrechen rückläufig sind. Es lohnt sich, die Lage im Detail zu analysieren.
Steigende Gewaltkriminalität – Fakten und Zahlen
Laut dem Bundeskriminalamt (BKA) stieg die Zahl der registrierten Gewalttaten im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 20%. Besonders auffällig sind dabei schwere Straftaten wie Tötungsdelikte, Raub und gefährliche Körperverletzung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnete für 2023 insgesamt 5,94 Millionen registrierte Straftaten, was einem Anstieg von 5,5% im Vergleich zu 2022 entspricht. Die Zahl der Gewaltverbrechen stieg dabei um 8,6%.
Besonders betroffen sind Straftaten gegen persönliche Rechtsgüter, wie Angriffe auf das Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre und sexuelle Selbstbestimmung. Im Jahr 2023 wurden rund 1,25 Millionen solcher Taten registriert, was einem Anstieg von 8,5% entspricht. Experten weisen darauf hin, dass die Dunkelziffer, also die nicht angezeigten Straftaten, erheblich höher liegt. Besonders gefährdet von dieser Entwicklung sind Frauen und Kinder, sowie queere Menschen, Menschen mit Behinderungen, People of Colour und ältere Menschen.

Zunahme der Jugendgewalt

Ein weiteres beunruhigendes Phänomen ist die Zunahme der Gewalt unter Jugendlichen. Eine Studie der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) weist darauf hin, dass sich die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen in den letzten Jahren scheinbar gesteigert hat.
Dabei ist jedoch eine differenzierte Betrachtung notwendig: Viele Kriminalitätszahlen hatten während der Corona-Pandemie (2020–2021) einen deutlichen Rückgang erfahren, da Lockdowns und soziale Einschränkungen die Gelegenheitsstruktur für Verbrechen veränderten. Der derzeitige Anstieg ist in Teilen eine Rückkehr zum vorpandemischen Niveau. Dies zeigen Statistiken von Statista und dem Deutschen Jugendinstitut (DJI).
Besonders gravierend ist darunter der starke Anstieg mit 12% – auf rund 104.000 – der Kinder unter 14 Jahren.
Langfristig betrachtet liegt die Zahl jugendlicher Straftäter*innen deutlich unter dem Niveau der 1990er- und frühen 2000er-Jahre. Dies deutet darauf hin, dass Präventionsmaßnahmen wie Gewaltprävention an Schulen, Anti-Gewalt-Trainings und die Förderung sozialer Integration Wirkung gezeigt haben. Auch die wirtschaftliche Entwicklung mit besseren Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven hatte vermutlich zu einer Reduzierung der Jugendkriminalität beigetragen. Jedoch seit 2021 steigt die Zahl strafverdächtiger Kinder und Jugendlicher wieder. Dennoch weisen Expert*innen darauf hin, dass die Nachwirkungen der Pandemie, psychische Belastungen und soziale Spannungen eine zentrale Rolle bei der aktuellen Zunahme jugendlicher Gewalttaten spielen. Besonders in städtischen Ballungsräumen, in denen soziale Kontrolle oft geringer ist, wurden besonders viele Fälle registriert. Ein kleiner Prozentsatz jugendlicher Straftäter entwickelt sich zudem zu Intensivtätern, was eine gezielte Ansprache dieser Gruppen notwendig macht.
Hauptorte der jugendlichen Gewalttaten liegen rund um die Schule und auf Schulwegen. Typische Zeiten sind die Pausen. Besonders in der Mittagspause und zum Schulschluss entladen sich die Aggressionen.
Die Ursachen dafür sind vielfältig. So spielt die Verbreitung von gewalthaltigen Inhalten und Stimmungsmache in sozialen Medien eine immense Rolle, ebenso wie der Einfluss von Gewalt in Videospielen und Filmen. Besonders in städtischen Ballungsräumen wurden vermehrt Fälle von Jugendkriminalität registriert. Die Pandemie und die damit einhergehenden sozialen Einschränkungen scheinen diese Entwicklung weiter begünstigt zu haben, da Jugendliche länger isoliert waren und weniger soziale Kontrolle durch Schulen und Freizeitangebote bestand. Aber auch die allgemein aufheizte Stimmung im Land, das Schließen von Jugendzentren, Freizeit- und Sportstätten aus Sparmaßnahmen, bzw. marode gewordene Anlagen und die allgemein gestiegenen Preise und Kosten.

Politisch motivierte Gewalt

Neben der allgemeinen Kriminalität nimmt auch die politisch motivierte Gewalt in Deutschland zu. Der Anstieg der rechtsextremen Gewalttaten beläuft sich laut dem Verfassungsschutzbericht für 2022 um 10 % und 2023 um weitere 6,7 % zum jeweiligen Vorjahr.
Besonders häufig sind dabei rechtsextrem motivierten Straftaten, aber auch linksextreme Gewalt ist auf einem hohen Niveau.
Besonders häufig waren dabei Angriffe auf Migrant*innen, politische Gegner, Institutionen, staatliche Einrichtungen und Infrastruktur.
Die Kriminalität mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder antisemitischem Hintergrund hat sich als ein wachsendes Problem herauskristallisiert, das nicht nur die betroffenen Personen, sondern auch das demokratische System gefährdet.

Gewalt durch Migranten

Neben der Gewalt gegen Migranten wird in den Statistiken zunehmend auch die Gewalt durch Migranten sichtbar. Diese umfasst sowohl Konflikte innerhalb der Migrantengemeinschaften als auch Übergriffe auf Einheimische. Laut einer Analyse des BKA waren 2023 34 % der Tatverdächtigen im Bereich der Gewaltkriminalität Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, was angesichts ihres Bevölkerungsanteils eine überproportionale Beteiligung darstellt. Experten betonen jedoch, dass soziale und wirtschaftliche Faktoren, wie Perspektivlosigkeit und Marginalisierung, eine entscheidende Rolle bei dieser Entwicklung spielen.

Misogynie

Hasskriminalität gegen Frauen ist ein ernstzunehmendes Phänomen, das sich in häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen und Femiziden zeigt. Laut dem Bundeskriminalamt stieg die Zahl der gemeldeten Straftaten gegen Frauen im Jahr 2023 um 7,3 %. Die Dunkelziffer ist hier besonders hoch, da viele Taten nicht gemeldet werden. Gesellschaftliche Strukturen, die patriarchale Machtverhältnisse stützen, tragen wesentlich zur Beständigkeit dieser Gewalt bei.
Der UN-Weltbericht zu geschlechtsspezifischer Gewalt zeigt, dass Frauen weltweit überproportional von häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen und Femiziden betroffen sind. Solche Verbrechen haben ihren Ursprung häufig in gesellschaftlichen Strukturen, die Männer bevorzugen und Frauen entmachten.

Gewalt gegen Kinder

Gewalt gegen Kinder stellt eine besonders tragische Form der Kriminalität dar. Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass im Jahr 2023 mehr als 150.000 Fälle von Misshandlung, sexueller Gewalt und Vernachlässigung registriert wurden – ein Anstieg um 5 % im Vergleich zum Vorjahr. Ähnlich wie bei der Jugendgewalt ist jedoch zu berücksichtigen, dass viele dieser Zahlen eine Rückkehr zum vorpandemischen Niveau darstellen könnten. Dennoch bleibt die Dunkelziffer alarmierend hoch, da viele Fälle unentdeckt bleiben.
Präventionsmaßnahmen wie der Ausbau von Beratungsstellen, der Schutz durch Jugendämter und frühzeitige Interventionen in belasteten Familien sind essenziell, um das Risiko von Gewalt gegen Kinder zu minimieren. Langfristig könnte auch eine Stärkung der finanziellen und sozialen Unterstützung von Familien zu einer Reduktion dieser Fälle beitragen.

Hasskriminalität gegen Männer

Während Gewalt gegen Frauen derzeit stärker in den Fokus der öffentlichen Diskussion rückt, zeigt sich, dass auch Männer zunehmend Opfer von Gewalt werden. Insbesondere im Bereich der häuslichen Gewalt ist ein Anstieg der Fälle zu verzeichnen, bei denen Männer Opfer sind. Laut dem BKA waren 21 % der Opfer häuslicher Gewalt im Jahr 2023 männlich. Oft scheuen Männer jedoch aus Scham davor zurück, diese Taten anzuzeigen, was zu einer hohen Dunkelziffer führt. Hier besteht ein großer Handlungsbedarf, um auch männliche Opfer besser zu schützen.

Gründe für die Zunahme der Gewalt

Es gibt zahlreiche Faktoren, die die steigende Gewaltbereitschaft in Deutschland erklären können.
Im Gegensatz zu den Versionen der politischen Elite erkennt das Bundeskriminalamt einen klaren Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen sowie sozialen Belastungen und steigender Kriminalität.
Besonders durch multiple Krisen, Inflation und hohe Lebenshaltungskosten haben sich soziale Spannungen verschärft. In Ballungsräumen, die durch Armut, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit geprägt sind, steigt die Gewaltbereitschaft besonders stark.
Der Aspekt der wachsenden sozialen Ungleichheit wird in der Bevölkerung als Problem wahrgenommen. Auch die inzwischen wieder sinkende Inflationsrate bietet keine reale Entspannung, da die Preise noch immer unvergleichlich hoch geblieben sind und für Mobilität sogar noch weiter steigen.

Polarisierung der Gesellschaft

Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft durch Themen wie Migration, Klimawandel und die Pandemie trägt zur Radikalisierung bestimmter Gruppen bei. Diese Polarisierung zeigt sich nicht nur in verbaler Aggression, sondern auch in physischer Gewalt.

Polizeiarbeit und Prävention

Polizei und Sicherheitsbehörden stehen vor großen Herausforderungen. Die herkömmlichen Maßnahmen der Gewaltprävention reichen oft nicht mehr aus, um der wachsenden Komplexität der Kriminalität gerecht zu werden.
Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen sozialen Institutionen, Schulen und Polizei ist unerlässlich. Programme zur Gewaltprävention, insbesondere an Schulen und Jugendeinrichtungen, könnten helfen, Gewalt langfristig einzudämmen. Auch der Umgang mit digitalen Medien sollte gezielt gefördert werden, um die Verherrlichung von Gewalt zu bekämpfen.

Aufgabe der Politik

Die Politik muss durch gesetzliche Rahmenbedingungen und gezielte Präventionsprogramme reagieren. Insbesondere die Förderung von Bildung und sozialer Integration kann langfristig Gewalt verhindern. Gesetzesverschärfungen und insbesondere eine konsequente sowie zeitnahe Umsetzung könnten darüber hinaus dazu beitragen, Gewaltverbrechen zu ahnden und abzuschrecken. Wichtig ist dabei ein stärkerer gesellschaftlicher Dialog, um eine Kultur der Gewaltfreiheit zu etablieren.

Aufgabe der Justiz

Die Justiz spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen die steigende Gewaltbereitschaft und steht vor erheblichen Herausforderungen. Personalmangel und hohe Fallzahlen erschweren es, Gewaltverbrechen zügig und konsequent zu ahnden. Bessere Ausstattung und effizientere Prozesse könnten helfen, die Abschreckung zu stärken und Opferschutz zu verbessern, denn oft dauert es zu lange, bis Urteile gefällt werden, was den Opferschutz schwächt und die Abschreckung mindert. Gewaltverbrechen werden teils verharmlost oder Verfahren aufgrund mangelnder Beweise oder geringer Schwere eingestellt. Durch Überlastung der Gerichte kann vielfach nicht zügig und konsequent gehandelt werden.

Fazit

Die Zunahme der Gewaltbereitschaft in Deutschland ist ein komplexes Problem mit vielfältigen Ursachen. Besonders besorgniserregend sind die steigenden Fallzahlen bei Jugendgewalt, politisch motivierter Gewalt und Hasskriminalität gegen Frauen. Dennoch zeigen langfristige Trends, dass Präventionsmaßnahmen durchaus Wirkung zeigen können. Es bedarf dringend einer Kombination aus Prävention, sozialer Integration und einer verbesserten Zusammenarbeit staatlicher Institutionen, um diese Entwicklung einzudämmen.


QUELLEN:

(1) Bundeskriminalamt (BKA) – Polizeiliche Kriminalstatistik 2023.
www.bka.de

(2) Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) – Analyse zur Jugendkriminalität und Gewalt.
www.krimz.de

(3) Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) – Daten und Fakten zu Jugendkriminalität.
www.bpb.de

(4) Deutsches Jugendinstitut (DJI) – Entwicklung von Gewalt im Kindes- und Jugendalter.
www.dji.de

(5) Statista – Straftatverdächtige Kinder und Jugendliche 2023.
www.statista.com

(6) Verfassungsschutzbericht 2023 – Bericht zur politisch motivierten Kriminalität.
www.verfassungsschutz.de

(7) Deutscher Frauenrat – Zahlen und Berichte zu geschlechtsspezifischer Gewalt.
www.frauenrat.de

(8) Stiftung Männergesundheit – Informationen zu Gewalt gegen Männer.
www.maennergesundheit.de

(10) Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) – Analyse sozialer und wirtschaftlicher Faktoren.
www.bmas.de

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