Das Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger*innen ist in Berlin ziemlich belastet. Die einen fühlen sich missverstanden und sind Opfer politischen Eingreifens in Verwaltungsvorgänge und die anderen sind überzeugt, mit stetigem Vorsatz verärgert und willkürlich ihrer Rechte beraubt zu werden. Lange Bearbeitungszeiten und Widerspruchsverfahren sind dabei nur zwei Aspekte dieser Belastung.
Gepaart mit weiteren Faktoren, die persönlichen Frust gegen den Rechtsstaat schaffen, manifestiert sich diese Enttäuschung in Abneigung gegen Demokratie und im mangelnden Willen, sich an dieser zu beteiligen. Das Gefühl macht sich breit, der Staat ist nicht mehr auf meiner Seite. Übrig bleibt ein kleines mündiges Bildungsbürgermilieu, das sich gegen Verwaltungsentscheide zu wehren und an der Demokratie zu beteiligen weiß.
Doch Verwaltungsschaffen hat eine weitere frustrierende Komponente: Fehlende Transparenz. Was sagt ein durch öffentliche Stellen beauftragtes Gutachten, das mich und meine Umgebung betrifft und wieso wird es nicht veröffentlicht? Warum stellt sich das Bezirksamt gegen die Umsetzung klarer gesetzlicher Vorgaben in meinem Viertel hinsichtlich des akustischen und ökologischen Schutzes des Individuums? Wer schreibt an Gesetzen mit, nimmt damit Einfluss auf die Gesetzgebung und warum erfahre ich das nicht? Wer verdient an öffentlichen Investitionen mit und wie viel?
Die Initiative „Volksentscheid Transparenzgesetz“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Informationen dieser Art per Gesetz einfach und direkt durch ein Onlineportal öffentlich zur Verfügung zu stellen. DEMOKRATIE IN BEWEGUNG Berlin ist als Bündnispartner mit an Bord! Wir kämpfen nun gemeinsam darum, den Gesetzesentwurf per Volksentscheid Wirklichkeit werden zu lassen!
Das derzeit geltende Berliner Informationsfreiheitsgesetz soll durch das Berliner Transparenzgesetz ersetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass ein legislativer Fußabdruck geschaffen werden soll, also klar wird, wer an einem Gesetz mitschreibt.
Darüber hinaus sollen die Gebühren für die Informationsauskunft prinzipiell abgeschafft werden und Informationen landeseigener Unternehmen öffentlich zugänglich sein, da sie zum großen Teil der öffentlichen Versorgung dienen. Zukünftige Verträge ab 100.000 Euro, die von öffentlichen Körperschaften oder staatlichen Institution abgeschlossen werden, sollen mindestens einen Monat vor Inkrafttreten bekannt gemacht werden.
Trotz dieser Kernpunkte liegt hier bei Weitem keine radikal-transparente Initiative vor. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen, personenbezogenen Daten oder geistigen Eigentums bleibt selbstverständlich erhalten. Auch Vorgänge, die beispielsweise internationale Beziehungen schädigen könnten, unterliegen weiterhin gesetzlicher Diskretion.
Welchen Mehrwert hat dieses Gesetz aber nun für die Verwaltungsseite? Die Entlastung für Mitarbeitende, die sich wegen angeforderten Informationen nicht mehr in Kleinkrieg mit denen begeben müssen, die etwas anfordern, wird unmittelbar spürbar sein. Spürbar, weil weniger Anfragen, Widersprüche und Klagen bearbeitet werden müssen und weil die freigesetzten zeitlichen und personellen Ressourcen in das Tagesgeschäft investiert werden können und es damit beschleunigen.
Die im Gesetz formulierte Anforderung, Dokumente digital zu erfassen, abzuspeichern und aufzubereiten, wird die Einführung der E-Akte beschleunigen. Das stellt eine effiziente Ergänzung zum kürzlich beschlossenen „Zukunftspakt Verwaltung“ im Land Berlin dar, in dem 12 von 27 Punkten auf die verbesserte Personalentwicklung,- gewinnung und – führung zielen.
Des Weiteren wird die Unterbindung politischer Intervention und Blockade hinsichtlich Informationserteilung an die Öffentlichkeit im Verwaltungssektor Mitarbeiter aus ambivalenten Situationen erlösen, in denen sie besseren Wissens gegen das öffentliche Interesse oder das eigene Gewissen handeln müssen.
Echte Informationsfreiheit gewinnen wir nur mit dem Berliner Transparenzgesetz! Denn echte Informationsfreiheit schafft Mitbestimmungsanreize, welche mehr als nur das mündige Bildungsbürgermilieu erreichen. Damit können wir Frustrierte und Demobiliserte wieder mit der Demokratie und der Verwaltung anfreunden. Denn mittels geringer Abwägungsentscheidungen, ob eine Information für die Öffentlichkeit geeignet ist oder nicht, können die Mitarbeiter*innen in der Verwaltung wieder das Selbstverständnis entwickeln und die Rolle einnehmen, in welcher wir sie so dringend benötigen – als Garant und tragende Säule für den demokratischen Rechtsstaat, welcher Frust verhindert und Vertrauen schafft.