Soziale Wohnungspolitik jetzt!

“Wir können ihn morgen echt nicht nach draußen in die Kälte zurückschicken”, haben meine Frau und ich uns an einem kalten Herbsttag vor zwei Jahren gesagt.

Der Mann, um den es ging, war ein Bekannter von uns, meine Frau hatte ihn über ein Kälteschutzprojekt in Berlin kennengelernt. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits seit zwei Jahren ohne Wohnung, tingelte von Notunterkunft zu Notunterkunft oder schlief auf der Straße. Er ist ein promovierter Akademiker, mitte Fünfzig. Natürlich wollte er weg von der Straße, aber da beginnt das Problem: Ohne Job keine Wohnung und ohne Wohnung keinen Job. Er hatte uns eines Abends angerufen und gefragt, ob er sich für ein anstehendes Vorstellungsgespräch bei uns duschen und frisch machen könnte, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Danach konnten wir ihn nicht mehr gehen lassen.

Obdachlosigkeit kann jeden treffen. Auch mit akademischer Ausbildung.

Die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. rechnete mit einer halben Million wohnungsloser Menschen in Deutschland. Leider ist das nur eine Hochrechnung, denn in Deutschland gibt es dazu keine offiziellen Zahlen. Eins ist aber klar: Wohnungsnotfälle nehmen drastisch zu.

Die Gewerkschaften schlagen bereits Alarm: Wohnen in Deutschlands Großstädten ist für einige Arbeitnehmer kaum noch bezahlbar.

Kampf gegen die zunehmende Obdachlosigkeit

Wir brauchen ein System, das Menschen den Ausstieg aus der Obdachlosigkeit leicht macht und Menschen hilft statt ihnen bürokratische Hürden in den Weg zu legen. Im Kampf gegen die zunehmende Obdachlosigkeit fordert DEMOKRATIE IN BEWEGUNG ein koordiniertes Gesamthilfesystem für Wohnungsnotfälle und ein Gesetz zur Vermeidung der Obdachlosigkeit.

Für den dramatischen Anstieg der Zahl der Wohnungslosen sind mehrere Faktoren maßgeblich:

  • Das unzureichende Angebot an preiswertem Wohnraum
  • Kaum soziale Wohnungspolitik, seit 2002 gibt es eine Million Sozialwohnungen weniger
  • Das derzeitige System schützt Menschen nicht vor Obdachlosigkeit, sondern reagiert auf Probleme mit Druck und Sanktionen

Die Mieten in Deutschland steigen und werden vor allem in den Großstädten immer mehr zur Belastung für viele Menschen.

Vor fünf Tagen schrieb die Süddeutsche Zeitung, dass hohe Mieten viele an den Rand der Armut bringen. Besonders Großstädte sind betroffen: eine Million Haushalte, also ca. 1,6 Millionen Menschen sind dort in die Armut abgerutscht, weil sie nur noch wenig Geld zum Leben haben.

Oft können Wohnungssuchende nur noch zwischen uralt und heruntergekommen oder modern und unbezahlbar wählen. DEMOKRATIE IN BEWEGUNG wird in Form einer breit angelegten Wohnrauminitiative Zukunftskonzepte für attraktives und bezahlbares Wohnen in Städten und im ländlichen Raum entwickeln.

Lücken in der aktuellen Gesetzgebung wollen wir schließen, um eine effektive Mietpreisbremse zu ermöglichen. Und Menschen vor Obdachlosigkeit zu schützen.

Nach einem halben Jahr Suchen hat unser Bekannter schließlich ein eigenes Zimmer in einer Wohngemeinschaft gefunden. Zwischendurch konnten wir etwas in einer befreundeten WG organisieren. In unserer Wohnung hat er ungefähr zwei Monate gewohnt. Obwohl er ein lieber Kerl ist, war es auch für uns oft ziemlich belastend, denn es war nie klar wie lange diese Notlösung andauern würde. Ihn wegschicken kam aber nicht in Frage.

Heute sind wir Freunde geworden. Er hat nun ein Zimmer in einer WG, kämpft aber noch um eine Arbeitsstelle. Der Weg zum Ausstieg aus der Obdachlosigkeit war lang und voller Hürden. Unbürokratische Hilfe sieht anders aus.

Das muss sich endlich ändern. Wohnen ist ein Menschenrecht. Obdachlosigkeit beraubt den Menschen nicht nur um eine Bleibe, sondern auch um ihre Würde.  

Wohnen #brauchtBEWEGUNG!

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