Über den Bezug von Bürgergeld wird viel erzählt wenn der Tag lang ist. Fast nichts davon stimmt. Viele Politiker*innen behaupten, wer nur Sozialleistungen bezieht bekommt mehr als ein Geringverdiener. Oft wird auch die Einschätzung verbreitet das wegen Bürgergeld Arbeit nicht mehr lohnt. #DiB hat die neusten wissenschaftlichen Daten und Untersuchungen zu diesen Behauptungen verglichen.
Bekommen Sozialverdiener mehr als Geringverdiener? Das ist „schlicht falsch“ stellt das Ifo-Institut in einer aktuellen Studie fest. Alleinstehende in Städten mit mittlerem Mietniveau wie Dresden kann bei 1000 Euro Bruttoverdienst mit Hilfe ergänzender Sozialleistungen im Monat auf 891 Euro netto nach Abzug von Miet- und Heizkosten kommen. Nur mit Sozialleistungen bekommt man 563 Euro Bürgergeld. Geringverdiener haben jedoch immer mehr als Bürgergeld-Empfänger, da sie ergänzende Sozialleistungen wie z.B. Wohngeld erhalten können.
Bevor man den Geschichten über Bürgergeld glaubt, sollte man wenigstens die folgenden Punkte berücksichtigen:
- Vergleiche von Arbeit und Bürgergeld berücksichtigen den aktuellen Nettoverdienst. Wer arbeitet, zahlt aber auch in die Rentenkasse ein. Geringverdiener profitieren sehr von der Grundrente. Damit erhält man nach mindestens 33 Beitragsjahren einen deutlichen Zahlungszuschlag. Wer jedoch freiwillig nur Bürgergeld bezieht, senkt seine Rente und verschenkt den Grundrenten-Zuschlag von bis zu 80 Prozent. Dadurch droht im Alter sehr wahrscheinlich Altersarmut. Wer nicht in einer Billig-Wohnung verarmen will, muss arbeiten.
- Urlaub und andere Freizeiten werden fast nie berücksichtigt. „Arbeit lohnt sich nicht mehr“-Vertreter*innen behaupten: 500 Euro Zusatzverdienst durch Arbeit im Monat entspreche bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden nur rund drei Euro mehr die Stunde. Diese Rechnung verzerrt aber die Wirklichkeit und ignoriert Feiertage, Urlaub und sonstige freie Tage an denen Arbeitende das Gleiche wie Bürgergeld-Empfänger tun: Kinderpflege, Hilfen in der Familie, Versorgung von Kranken und mehr.Rechnet man das ein, verdienen Arbeitende 3-5 Euro mehr die Stunde als Bürgergeldempfänger.
Ein Geringverdiener-Paar mit zwei Kindern verdient so zusammen im Monat knapp 1300 Euro mehr als mit dem erhöhten Bürgergeld. Das entspricht rund 70 Euro pro Tag. - Bei einem Mindestlohn von 38 Wochenstunden zahlt man jährlich ca. 1600 Euro Lohnsteuer. Pro Monat können im Schnitt 100 Euro von der Steuer abgesetzt werden. Das Finanzamt erstattet dann für das gesamte Jahr 300 Euro. Ein Zusatzverdienst, den fast alle Berechnungen ausblenden. Paare erhalten zusammen deutlich mehr.
- Mindestens die Hälfte aller Angestellten in Deutschland bekommen Weihnachtsgeld und fast so viele Urlaubsgeld. Doch die “Arbeit-gegen-Bürgergeld-Vergleiche” klammern diese Sonderzahlungen aus. Ein Monatsgehalt mehr bedeutet ein Zwöftel mehr Jahreseinkommen. Das reicht meist meist für eine Reparatur am Auto, einen neuen Fernseher oder einen Urlaub.
- Noch etwas, das gern nicht mit gerechnet wird. In vielen Berufen ist ein Trinkgeld üblich. Frisöre u.a. berichten in Medien von rund 15 bis 20 Euro Trinkgeld pro Arbeitstag. Eine Arbeitswoche bringt ihnen so 75 bis 100 Euro zusätzlich zu den vorherigen Rechenbeispielen. Pro Jahr summiert sich der Zusatzverdienst auf rund 4000 Euro.
- Zur Wahrheit gehört auch: das Verfassungsgerichtsurteil macht auch den steuerlichen Grundfreibetrag verfassungswidrig. Denn der liegt trotz Erhöhung mit 537 Euro immer noch 26,00 Euro unter dem Bürgergeld. Die Richer*innen am Bundesverfassungsgericht werden wohl auch damit befasst werden.
Wer nur von Bürgergeld lebt, fallen alle diesen Zusatzverdienste weg, sie geraten unweigerlich in eine Armutsfalle. Wir von #DiB stellen fest: Bürgergeld reicht nicht für eine vollständige gesellschaftliche Teilhabe. Es ersetzt nicht annähernd ein Lohneinkommen. Die Lösung ist ein echtes Bedingungsloses Grundeinkommen, dass wir schon lange fordern.
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