Der Schrecken war groß – Schule und Corona Teil 5

Das Bild zeigt zwei Kinder mit Lernutensilien

Opa schüttelt zum vorerst letzten Mal den Kopf.

Der Keller hatte dringend nach Ordnungsarbeiten gerufen. Das Besondere am Keller ist: es gibt dort so gut wie keinen Handyempfang. Das ist manchmal gut, dann kann man bei der Aufräumarbeit die Gedanken einfach schweifen lassen. War auch diesmal so, am Ende war ich bei der Enkelin angekommen. Wir sind zum Telefonieren verabredet.
Als ich aus dem Keller komme, meldet sich prompt mein Handy mit einer Nachricht von der Box: „Ruf mich gleich an, es ist ganz wichtig,“ lautet die knappe Botschaft. Eine Stunde vor unserer Verabredung, dann ist es wohl wichtig.


Sie ist gleich dran und erzählt mir, was gerade in, an und um die Schule herum passiert. Alle Schüler*innen müssen jetzt Masken tragen, auch auf dem Schulweg. Ich frage nach, denn eigentlich muss man ja auf der Straße keine tragen. Es gab viele Beschwerden, erzählt sie mir. Kaum sind sie auch nur einen halben Schritt vom Schulhof hängen die meisten in großen Gruppen dicht zusammen, so mit Umarmung und immer ohne Abstand. An den Haltestellen von Bus und Bahn stehen sie dann ohne Maske, viele steigen auch ohne ein. Langsam steigt ein hinterhältiger Schrecken in mir hoch. „Wie machst du es denn?“, frage ich erst mal vorsichtig. „Ich trage sogar im Unterricht eine Mund-Nase-Bedeckung, finde ich wichtig“, sagt die Enkeltochter total korrekt. Das sei zwar manchmal lästig, aber sie wolle sich und andere schützen. Der Schrecken kriecht etwas zurück. Ich lobe sie und rate auch dazu, wenigstens die 1,5m Abstand immer einzuhalten. Macht sie und erzählt weiter. Von Mitschüler*innen, die das alles nicht schlimm finden, die glauben, dass Corona nur ein harmloses „Grippeteil“ ist, von einigen, die von Impfzwang erzählen und auch davon, dass Mitschüler*innen von „Nanosendern und Echsenmenschen schwafeln“ (O-Ton).

Der Schrecken kriecht bei mir wieder in den Vordergrund. „Glauben die wirklich da dran?“ Ja, tun sie. Und sie weigern sich eine Maske zu tragen, gehen auch zu den Demos am Alex. Und in der Woche besuchen sie in Gruppen irgendwelche Geschäfte in der Stadt ohne Mundschutz, berichtet sie weiter.

Damit beendet sie den Bericht, ihre Empörung ist deutlich spürbar, sogar über das Telefon. Ich stelle trotzdem noch eine Frage: „Wie machen es denn deine Freud*innen?“ Den meisten hat sie die Freundschaft gekündigt, sie zählt nur noch einen Namen auf. Ganz kleiner „Kreis“ also.
Dann erzählt sie doch noch ein wenig mehr. Davon, dass sie ein paar Mal versucht hat, mit den „Maskenverweigerern“ zu reden. Sie dachte, sie könnte sie mit Fakten, die sie prüfen können, überzeugen. Nach einigen Fehlversuchen hat das Kind aber schnell aufgegeben. „Die wollen das gar nicht hören und glauben weiter an den Irrsinn.“, sagt sie.

Im Stillen mache ich mir Sorgen, während wir noch einmal über den Unterricht nach dem Shutdown plaudern. Sie erzählt, ich frage nach. Jeden zweiten Tag ist Unterricht in der Schule, mal morgens, mal früher Mittag, mal auch später. Immer drei Stunden fast ohne Pause. Dazu gibt es dann noch Aufgaben für zu Hause, von einigen Lehrer*innen auch noch online Unterricht, von anderen Aufgaben, die online gelöst werden sollen. Die Prüfungen für den Hauptschulabschluss werden für die Schüler*innen, die Mittlere Reife oder Abitur machen, erst mal verschoben. „Sollen wir nach den Ferien schreiben“, sagt sie mir. „Dann musst du in den Ferien lernen, oder?“, frage ich. Das sei ihr egal, sie lerne ja jetzt seit Wochen auch zu Hause, mit Papa, mit Freundin oder Opa am Telefon. Das wäre doch ganz gut gelaufen. Sprach’s und verabschiedet sich dann.

Irgendwie habe ich währenddessen den Schrecken erfolgreich besiegt. Wenn unsere Enkelin die „Widerstand 2020“ Ideen so konsequent und locker an die Seite schiebt, kriegen wir das auch hin.

In diesem Sinne, bleibt gesund und neugierig.