Ergebnis zur Behindertenpolitik im Sondierungspapier: ungenügend

Rollstuhl

Wir müssen dem rot-grün-gelben Sondierungsergebnis zur Behindertenpolitik im Licht der UN-Behindertenrechtskonvention die Note ungenügend ausstellen. Für die Koalitionsverhandlungen sehen wir dringenden Verbesserungsbedarf. Die einzige (kleine) Formulierung im Papier könnte ein Türöffner sein.

Eine künftige Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass ein Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen im täglichen Leben selbstverständlich wird. Die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen muss vollständig hergestellt werden. Das ist in den Bereichen, Arbeitsmarkt, der Barrierefreiheit im Alltag, beim Wohnen und im digitalen Raum endlich zu verwirklichen. In diese Richtung haben die Spitzen von SPD, Grünen und FDP im 12seitigen Ergebnispapier der Sondierungsgespräche formuliert. Das kommt wohlklingend daher und würde in jeder Sonntagsrede Platz finden. Es taugt bisher aber nur als weiter Rahmen für die kommenden Koalitionsverhandlungen. Immerhin bietet diese Formulierung dafür Platz in den anstehenden Verhandlungen, denn Behindertenpolitik hat im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt und wurde von den Spitzenkandidat*innen gemieden.
Schauen wir doch mal auf den einzigen Satz zum Thema Menschen mit Behinderung im Sondierungspapier. Da lohnt ein genauer Blick auf die Details, die sich in diesem langen Satz verstecken.

Ersten Teil des Satzes: „Wir wollen, dass das tägliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen selbstverständlich wird und werden daher die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen weiter ausbauen.“ Eine allgemeine Aussage, der wohl fast alle zustimmen können. Völlig unkonkret und vielleicht noch in einem Wahlprogramm „nett“ durchgegangen. Ein solches Bla Bla reicht für ein Sondierungsergebnis nicht mal ansatzweise aus. Besonders Menschen mit Behinderungen wollen wissen, was konkret in der nächsten Legislatur getan werden soll. Dieser Satz sagt letztlich nichts dazu.

Im zweiten Teil des Satzes nach dem Bindestrich lässt sich erahnen, das hier mehr kommen kann. Die künftigen Koalitionspartner erkennen immerhin an, dass Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt wichtig ist. Das gilt dann im Folgenden auch für Barrierefreiheit im Alltag, beim Wohnen und im digitalen Raum. Das soll „gefördert“ werden, aber genauers erfahren wir nicht. Aus dem Begriff „Förderung“ leitet sich sicher Handlungsbedarf ab. Wir ziehen dazu die UN-Behindertenrechtskonvention und das Disktiminierungsverbaot im Grundgesetz heran und dann klingt das ziemlich spärlich. „Hier und da ein bischen mehr Barrierefreiheit gefällig?“ oder „In Förderschulen wird ja auch gefördert“ fällt uns dazu spontan ein.

Im Sinne von Selbstbestimmung und Empowerment ist Förderung wichtig. Das Gebot der Stunde sind jedoch Sicherstellung von Menschenrechten. Klare gesetzliche Regelungen die Unternehmen und private Anbieter zur selbstverständlichen Bereiststellung von Dienstleistungen und Herstellung von Produkten zur Barrierefreiheit verpflichten. Nette Formulierungen, die xte Aufklärungskampagne und ein wenig Förderung von Barrierefreiheit reicht einfach nicht mehr.

1998 haben behinderte Menschen und ihre Verbände für ein Antidiskriminierungsgesetz gekämpft. Damals wie Heute geht es darum das nicht nur Bundes-, Landes- und kommunale Behörden, sondern auch die Privatwirtschaft mit ihren Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Seitdem warten behinderte Menschen immer noch darauf, dass die Politik endlich echte Teilhabe für Alle zur Lebenswirklichkeit macht. Fangt endlich mal damit an damit es für Menschen mit Behinderung ganz normal ist arbeiten zu gehen, spontan ein Restaurant aufzusuchen, Bahn zu fahren und vieles mehr. Kurzum: einfach am gesellschaftlichen Leben ohne Barrieren teilzuhaben.
Den potentiellen Koalitionspartnern sei daher zugerufen: da ist noch ganz viel zu tun. Fangt endlich damit an.

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